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Folge 211 - Töne, Klänge und Geräusche - Begegnungen mit Menschen mit Demenz schaffen

Der Hörsinn ist der sensibelste Sinn. Christine Schön gibt dir Tipps wie du Klänge bei demenziell erkrankten Menschen einsetzen kannst.

In diesem Beitrag erfährst du

  • dass Töne emotionale Erinnerungen wecken können
  • warum Hören so wichtig ist
Born to Pflege Talk der Podcast für Pflegekräfte

Folge 211 - Töne, Klänge und Geräusche - Begegnungen mit Menschen mit Demenz schaffen

Christine Schön im B2P Talk mit Tobias Gross

Tobias Gross: Heute gibt es so richtig was auf die Ohren. Hast du gewusst, dass der Hörsinn der sensibelste Sinn ist? Und dass ist auch bei demenziell erkrankten Menschen so. Mein Gast Christine Schön, wird dir heute wunderbare Tipps geben, wie du über Klänge und Töne das Herz von deinen Bewohnern erreichen kannst und wie du Begegnungen ermöglichen kannst.

Christine Schön ist Regisseurin und Moderatorin vom Demenz-Podcast und der richtet sich an pflegende und auch pflegende Angehörige und ihr Anliegen ist es so, die Akustik, über die Akustik Begegnungs-Räume zu schaffen. Und du kannst heute ganz Ohr sein, welche Tipps sie dir heute weitergibt.

Christine Schön: Hallo. Ich grüße dich auch. Ich freue mich.

Tobias Gross: Ja, ich mich auch. Und ich bin schon richtig gespannt, was du unseren Zuhörern und Zuschauern alles bieten wird. Das wird, glaube ich, richtig gut.

Christine Schön: Bitte kein Druck, aber ich gebe mein Bestes.

Tobias Gross: Wir wollen die Champions League gewinnen. Aber kein Druck. Dein Anliegen sind Klänge, um das Herz und die Emotionen von Menschen mit Demenz zu erreichen. Wir spielen gleich mal den Kuckuck ein und du erzählst uns mal, was man damit alles machen kann.

Gesang mit Musik:

Kuckuck, Kuckuck ruft aus dem Wald, Lasset uns singen, tanzen und springen. Frühling, Frühling wird es nun bald.

Christine Schön: Ja, also dieser Kuckuck, der macht natürlich ganz unterschiedliches. Da kann ich direkt mal auch so ein Kernanliegen von Herzton, aus unserem Verein kommen, dass es nämlich die auf die jeweiligen Menschen zugeschnittene Klangarbeit und zum anderen ist das, was wir machen, immer ein Beziehungsangebot. Ich versuche das mal aufzudröseln. Also gehen wir jetzt mal davon aus, dass dieses Lied für diese Person als passend ausgewählt wurde.

Also zum Beispiel, sie hat schon immer gerne Volkslieder gesungen und sie liebt den Frühling. Dann wäre es eine Möglichkeit, sich dieses Lied, gesungen von Theresa Salon, gemeinsam anzuhören, vielleicht auch gemeinsam zu singen, um in Kontakt zu kommen. Ich würde ganz gern noch ein anderes Beispiel nehmen, das für mich gut funktionieren würde und auch noch stärker so ein bisschen in unseren Fokus führt.

Das sind nämlich Klang-Collagen und ich nehme mal den Sommerspaziergang, einfach weil das meine Jahreszeit ist. Also ich finde alles und das eigentlich 30 Grad eine Unverschämtheit, das ist. Und ich guck gerade in den Berliner Winter raus. Also das ist nicht meine Welt.

Das ist ein Sommer Spaziergang, den ich in Spanien und Frankreich aufgenommen und dann collagiert habe.

Vielleicht können wir den einfach mal kurz einspielen. Was kann jetzt eine kleine Collage bei Menschen, die den Sommer ähnlich lieben wie ich, machen? Und dafür würde ich ganz gern mal so ein bisschen in die Theorie gehen. Klänge führen uns einfach direkt in eine Emotion.

Ja, das Ohr ist ein ganz sensibles Organ. Hören ist der erste Sinn, den wir im Mutterleib entwickeln.

Von da an können wir eigentlich unsere Ohren nicht mehr verschließen. Es sei denn natürlich, wir haben eine Erkrankung oder wir nehmen Ohropax oder was auch immer es da jetzt auf dem Markt.

Tobias Gross: Das braucht meine Frau immer nachts.

Christine Schön: Da hast Du ein Problem. Ja sie hat das Problem (lacht) Und Klänge sind einfach ganz tief in uns verankert. Also wenn wir so einen vertrauten Klang hören, wird eine emotionale Erinnerung geweckt. Also wenn zum Beispiel jemand in einem Stall aufgewachsen ist und dann Klänge aus einem Stall hört, dann wird er oder sie wahrscheinlich aufmerksam werden. Und deshalb können wir gerade Menschen mit Demenz so gut mit Klängen erreichen, weil die einfach nicht mehr so gut über Kognitives erreichbar sind, sondern über emotionale Reize.

Also, jetzt so die einfache Frage, wie war denn das früher auf dem Bauernhof? Die wird meistens nicht genügen. Oder in dem Fall jetzt. Sommer: die Pflegekräfte wissen aus der Biografie des Menschen, dass er oder sie schon in den 50er gern nach Italien gefahren ist. Dann ist es einfach leichter, über so einen emotionalen Reiz, wie so eine Klang-Collage in Kontakt zu kommen, als über die einfache Frage „Erzählen Sie doch mal von Ihren Reisen“.

Das ist jetzt erst mal so die Grundlage.

Tobias Gross: Du hast es jetzt gerade so angesprochen mit - man hört was und dann kommen da Emotionen. Ich kann mich noch erinnern, wir hatten letztes Jahr war das schon, diese Sirenen-Übung in Deutschland.

Als ich die Sirenen gehört habe, ich hatte sofort eine Erinnerung. Ja, also mein Gehirn hat eine Erinnerung hochgespielt, wie ich als, wie alt werde ich gewesen sein? Zehn Jahre. Wie ich das samstags vom Ort aus, nach nach Hause gelaufen bin. Und ich hatte sogar den Sommer-Geruch da. Also das war so was von präsent. Meinst du? Meinst du, dass so was da ab abläuft? Auch bei Menschen mit Demenz?

Christine Schön: Es ist total schön, dass du das sagst. Das ist eine Erinnerung, die ich tatsächlich auch habe. Samstagmittag, 12:00 Uhr geht die Sirene los. Ja, um diese Zeit war ich mit meinem Papa unterwegs. Wie du es jetzt so sagst, ich kann mich wirklich noch daran daran erinnern, an einzelne Orte, an denen diese Sirene losging. Und, ja, das ist eine sehr schöne kollektive akustische Erinnerung, die wir als Generation - also ich nehme das jetzt einfach mal so als ungefähr als eine Generation - die wir sonst gar nicht so sehr haben wie die Generation der heute alten und hochalten Menschen. Bei uns sind es nämlich eher visuelle Erinnerungen.

Also mach zum Beispiel mal den Test und frag in deinem Umfeld, wie das Brautkleid von Lady Di aussah. Jeder kann irgendwas dazu sagen. Ich habe dann immer, ich kann es nicht genau beschreiben, aber ich habe immer so Rüschen und Bum vor Augen. Also das sind so kollektive visuelle Erinnerungen. Aber Menschen mit Demenz, da gibt es eben eher diese kollektiven akustischen Erinnerungen, weil Radio einfach das Medium in ihrer Jugend war.

Und da ist zum Beispiel auch so eine ganz prägnante akustische Erinnerung, eigentlich der gesamten Generation, dieses Fussballweltmeisterschafts-Endspiel von 1954. Das war Berner Wankdorfstadion, Ungarn gegen Deutschland. Ungarn war absoluter Favorit. Deutschland hatte überhaupt kaum jemand auf der Kette. Deutschland war eben, ja, lass mich kurz rechnen, da bin ich nicht gut drin - neun Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, es war einfach alles sehr schwierig, diese Situation. Und dementsprechend war das natürlich alles sehr aufgeladen. Und dann kam eben dieser dieser Reporter und ich kriege es nicht ganz genau hin, aber irgendwo: Rahn schießt, Tor, Tor, Tor. Deutschland ist Weltmeister, schlägt Ungarn mit drei zu zwei - glaube ich.

Tobias Gross: Richtig.

Christine Schön: Ja, okay, ja du kennst noch genau. Und das ist - ähm.

Tobias Gross: Apropos Generation, Ich kenne es noch, aber 1954, ich habe es nicht live gehört. (lacht)

Christine Schön: Ja, ja, klar. Ich kenne es auch. Also, das ist einfach auch etwas, was wir auch weitergegeben bekommen haben. Und ich habe übrigens - der Reporter war Herbert Zimmermann und ich habe mal mit Hans Christian Ströbele, also das ist der Politiker, der Grünenpolitiker, der der Neffe von Zimmermann war, gesprochen über seinen Onkel. Und der Herr Ströbele hat mir damals auch erzählt, dass er, Jahrgang 1939, überhaupt gar nicht Fernsehen geguckt hat, aber dafür umso mehr Radio, weil Fernsehen gab es einfach nicht im Elternhaus.

Und deshalb ist es übrigens auch ja irgendwie gar nicht komisch für heute, alte Menschen sich gemeinsam zum Hören hinzusetzen, weil wir finden das komisch. Also ich fand es auch am Anfang total komisch, weil wir sind es gewohnt, weiss ich nicht, ins Kino zu gehen, gemeinsam zu gucken, also oder auch Fernsehen zu gucken, weiss ich nicht, wetten dass ? - wenn ich jetzt schon bei unserer Generation bin.

Tobias Gross: Thomas Gottschalk ja, der, den kenne ich noch. Das war das typische Samstagabend Programm. Ich glaube, ab in die Badewanne und dann Wetten dass? (Lacht)

Christine Schön: Genau im Schlafanzug. Genau. (lacht) Und da wirkt dieses gemeinsame Hören, also sich wirklich hinzusetzen und gemeinsam zu hören, für uns erst mal fremd und komisch. Und man scheut sich davor. Muss man aber gar nicht. Also da kann ich wirklich ermutigen, sich das zu trauen. Genau.

Tobias Gross: Ich glaube, wir spielen das, das von Helmut Rahn, des Tor - wir spielen es gleich mal ein. Dass unsere Zuhörer und Zuschauer das einfach mal hören können.

Herbert Antoine Arthur Zimmermann, deutscher Radio-Reporter: Rahn schießt, Tor! Tor! Tor! Tor! Halten Sie mich für verrückt …

Tobias Gross: Genau, und jetzt stelle ich mir vor, wie die ganze Familie dasitzt, Oma, Opa noch dabei? Und dann die Emotionen, oder? Da geht doch echt was ab.

Christine Schön: Da geht richtig was ab. Und das ist dann auch wirklich verankert in Dir. Es ist ein Moment, an den du dich wirklich erinnerst und der etwas auslöst und darauf aufbauen kann. Können dann eben Pflegekräfte tatsächlich auch, ja, arbeiten. Also ich habe es vorhin schon gesagt, unsere Webseite, auch die Radiosendung, die ich mal für Menschen gemacht habe, das sind immer Beziehungs-Angebote. Ja?

Gemeinsam aktiv werden

Also es ist nie dafür gemacht, dass Menschen sich oder das Menschen mit Demenz alleine da vorgesetzt werden, sondern es ist immer dafür da, dass man darauf aufbauend gemeinsam aktiv werden kann. Und du hast jetzt vorhin zum Beispiel den Kuckuck als Beispiel gebracht oder ich habe den Sommer als Beispiel gebracht. Wir haben dann auch in Zusammenarbeit mit der auf Arbeit mit Menschen mit Demenz spezialisierten Ergoterapeutin Kathrin Michels, aus Köln ist Sie, so Ergoterapeutische Hinweise entwickelt, also Hinweise auf mögliche, auf diese Klänge, Klang-Collagen aufbauende Aktivitäten.

Ja, also je nachdem, welche Möglichkeiten die Person hat, kann man sich da so inspirieren lassen. Also zum Beispiel es bei dem Kuckuck. Das fängt an mit, dass man wirklich ein Blatt hat, auf dem das Wort Kuckuck steht oder auch der Text des Liedes. Man kann das gemeinsam lesen oder lesen lassen, man kann darüber sprechen. Im Frühling kommen die Vögel wieder.

Christine Schön: Die Natur erwacht, welche Tiere aus dem Süden zurückkommen. Man kann Federn nehmen und mitprägen und über Arm oder Hand streichen. Man kann gemeinsam Vogelhaus aufbauen, Meisenknödel aufhängen. Ich höre dann auch gleich auf. Aber man kann auch zum Beispiel beim Sommer, was ich auch immer schön finde, ist Riechen einzubauen. Also ein ganz prägnanter Geruch ist ja so Sonnenmilch. Dass man vielleicht eine Sonnenmilch dafür nimmt und riechen lässt und einen Sonnenhut dabeihat. Einen Sonnenhut aufsetzen kann, um motorisch ein bisschen anzuregen. Eine Sonnenbrille aufsetzen. Und so weiter. Und so weiter. Also das sind einige Hinweise, was man machen kann. Und dann kann man natürlich wirklich - es geht ja auch darum, dass beide sich wohlfühlen, also beide Zuhörer, Zuhörerinnen, wirklich gemeinsam in Kontakt kommen.

Tobias Gross: Also wenn ich dich richtig verstanden habe, dann geht es dir über so tief verankerte Töne, Klänge, Emotionen zu wecken und über diese Emotionen dann eine Begegnung zwischen demenziell Erkrankten und Pflegekräften herzustellen.

Christine Schön: Genau. Weil das wirklich. Du kannst jetzt mit Menschen mit Demenz nicht mehr. Also ist es einfacher, sie über Emotionen zu erreichen. Ja, und das versuchen wir mit unseren Angeboten.

Tobias Gross: Okay. Was ich jetzt auch nicht gewusst habe. Das, was du vorhin gesagt hast, dass der Hörsinn ja der erste entwickelte Sinn ist. Schon im im Mutterleib. Und du hast gesagt, normalerweise bleibt uns der auch bis zum Ende. Kann ich noch mal ein bisschen ausführen, was das für den ganzen Pflege-Kontext heißt?

Christine Schön: Ja, gerne. Also vielleicht sage ich noch mal ganz kurz, überhaupt was, was hören alles bedeutet, ja?

Tobias Gross: Ok, klar.

Christine Schön: Das ist, finde ich, nämlich wirklich ganz wichtig, dass man das mal klar macht. Außerdem ist es ist mein Lieblingsthema.

Tobias Gross (lachend): Also das hätte ich jetzt gar nicht gedacht,

Christine Schön (lachend): Na ja gut, wenn mich schon mal jemand fragt, dann rede ich auch.

Christine Schön: Also zum einen ist es Hören eben, das ist Kommunikation, das gesprochene Wort, was wir hier gerade tun. Dann ist es Alarmierung. Also es ist auch wichtig. Du hast eben gerade die Sirenen erwähnt, aber auch der Wecker morgens. Ja, also heute Morgen bei mir um 6:00 Uhr - super. Aber es ist eben notwendig, dann geht es um die Deutung der Richtung eines Geräusches.

Also das ist ganz wichtig zur Orientierung, ganz wichtig auch in Pflegesituation. Da würde ich ganz gerne nachher noch mal ein bisschen mehr drüber erzählen, weil ich das wirklich ganz, ganz wichtig und leider so ein bisschen vernachlässigte Thema in der Pflege finde.

Dann Musik- und Naturgeräusche, das ist einfach Teil der Lebensqualität. Also ich bin heute Morgen tatsächlich draußen gewesen und ich höre plötzlich andere Vögel als noch vor einem Monat.

Da war eigentlich kein Vogel zu hören. Plötzlich scheinen die wiederzukommen. Dann werden emotionale Inhalte rausgehört, ja, wie Betonungen. Also heute Morgen um 6:45 Uhr klang das - also meine Tochter heißt Lilly - klang ich dann noch so: „ Lilly, kannst du dir bitte gleich die Zähne putzen?“ Um 7:15 Uhr kling ich dann schon: „Lilly kannst du dir jetzt bitte die Zähne putzen?“ Das ist eine ganz andere. Es ist was ganz anderes.

Tobias Gross: Ja, ja, ja.

Christine Schön: Und dann einfach soziale Bindungen werden aufgebaut und gefestigt. Und es gibt mittlerweile einige sehr ernst zu nehmende Studien, die darauf hinweisen, einmal, dass eine Hör Störung das Risiko erhöhter Demenz zu entwickeln und aber auch das eine bereits bestehende Demenz durch eine Schwerhörigkeit verstärkt werden kann. Ja, es ist eigentlich ganz logisch, wenn soziale und kognitive Reize aus dem Umfeld fehlen, wird das Gehirn einfach nicht ausreichend stimuliert. Aber für uns ist es natürlich zu allererst mal wichtig, dass wir durch Klänge die Emotionen ansprechen und damit Menschen mit Demenz einfach besser erreichen können.

Und du fragst jetzt nach dem Pflege-Kontext. Es ist schon immer einen Versuch wert, mit Klängen in Kontakt zu kommen. Es muss jetzt wirklich nicht bedeuten, dass man dann in ein großes Gespräch kommt, aber es ist manchmal auch einfach ein Lächeln, ein Augenkontakt, der darüber entsteht.

Und das ist auch schon oftmals ganz viel. Ja genau. Und dann, was ich eben schon angedeutet habe. Die Wichtigkeit des Hörens für Menschen mit Demenz auch im späten Stadium. Also ich bin ja auch relativ häufig in Pflege Kontexten unterwegs und was mir auffällt ist, dass oftmals das Hören bzw. das nicht Hören von einzelnen Bewohnern vernachlässigt wird.

Also, ich überspitz das jetzt mal so ein bisschen, so nach dem Motto: Na ja, gut, er oder sie liegt ja eh hauptsächlich im Bett, da muss man sich nicht mehr so richtig um eine gute Hör-System Versorgung kümmern. Das habe ich übrigens von einem Hörakustiker gelernt. Man sagt nicht mehr Hörgerät, sondern Hörsystem. Da verspreche mich da auch immer.

Und ich finde so eine Sichtweise echt fatal, wenn man sich vorstellt, so ein ganz einfaches Beispiel aus dem Pflege-Alltag. Hast du jetzt gerade mal eben einen Nachnamen parat? Nehmen wir irgendeine Dame.

Tobias Gross: Schmidt

Christine Schön: Frau Schmidt. Sehr schön.

Tobias Gross: Die fällt mir jedes Mal ein.

Christine Schön: Sehr schön. Ich habe immer Frau Schneidereit im Kopf, aber irgendwie klingt wohl doof.

Tobias Gross: Ich hätte den Herr Wowereit.

Christine Schön: Ja gut, aber der ist ja jetzt in Berlin zu besetzt. Gut, also Frau Schmidt, wir nehmen Frau Schmidt, die ist schön neutral. Die liegt noch im Bett. Es ist halt wirklich morgen, döst leicht vor sich hin und jetzt einmal die Situation. Also Frau Schmidt hört nicht mehr oder kaum.

Einmal aus Sicht der Pflegefachkraft, die die Tür öffnet, reinkommt guten Morgen wünscht, zum Bett geht, Frau Wagner freundlich an der Schulter berührt und einen netten Satz sagt, ja.

Ja, wenn man sich jetzt Frau Schmidt vorstellt, die eben nicht mit einem Hörsystem versorgt ist und dementsprechend nichts hört, die nimmt einfach wahr, dass aus dem heiterem Himmel ihr irgendjemand an die Schulter fasst. Und das finde ich. Ich finde das wirklich eine fürchterliche Vorstellung. Ich möchte nicht, dass mir das passiert, morgens.

Also wirklich. Es ist für jeden Menschen wichtig. Genau. Und deswegen plädiere ich als wirklich dafür. Achten Sie als Pflegekräfte, als Institution auf eine gute Versorgung mit Hörsystemen, auch für bettlägerige Menschen. Und natürlich, also gerade bei Demenz ist es eigentlich wichtig, ganz früh damit zu beginnen, weil es ist natürlich eine Umstellung.

Ich habe mal mit einer Hörakustikerin gesprochen, die hat gesagt, es ist für sie oder sie hat es einmal erlebt, bei einer Anpassung, dass eine Dame total erschrocken ist. Sie wollte ihr ein Glas Wasser eingießen und diese Dame wusste nicht mehr, dass das klingt. Also dass das ein Geräusch macht. Und das ist natürlich, wenn man das jahrelang nicht mehr gewohnt ist, ist das sehr viel schwieriger, gerade für Menschen mit Demenz, sich da noch einzugewöhnen.

Deshalb achten sie wirklich so früh wie möglich drauf, arbeiten Sie mit guten Hörakustikern zusammen, das ist echt wichtig.

Tobias Gross: Ja oder, jetzt, wo du das erzählt hast, so bei der Morgenpflege. Auf einmal steht jemand im Zimmer. Man könnte ja - oder man sollte ja anklopfen, ja? Wenn die Frau Schneider dann das Klopfen hört, ja? Dann ist er in Anführungszeichen vorgewarnt. Also da kommt jetzt jemand - und nicht da steht jetzt auf einmal jemand im Zimmer.

Ja, da könnte man auch erschrecken.

Christine Schön: Ja, ja aber sie hört es ja nicht, das ist das Problem. Ja, genau, natürlich.

Tobias Gross: Ja, cool. Also total interessant. So das Pflegende, einmal mit Klängen oder Klangcollagen also Beziehung herstellen können und dann eben das andere auch. Ähm. Ich sage jetzt mal sich durch Töne, Sprache bemerkbar machen, damit der Pflegebedürftige sich nicht überfallen fühlt. Ja ja, also ja, voll cool. Vielen Dank, dass du, ich sage jetzt mal sensibilisiert hast.

Ja, weil manchmal. Wir laufen ja doch unser Leben durch und achten auf das überhaupt nicht. Ja, und wir versetzen uns ja oft in andere Menschen gar nicht mehr rein. Wir denken ja, okay, so wie es in meinem Leben läuft, des passt schon. Ich höre eben deutsche Rapmusik. Aber dass da ja ein demenziell erkrankter Mensch, der zu einer ganz anderen Zeit aufgewachsen ist, damit überhaupt nichts anfangen kann oder dass ich was bringen kann, wo er was damit verbindet, das wäre ja die Challenge da.

Christine Schön: Ja, absolut. Ja.

Tobias Gross: Ja, super. Christine vielen Dank. Und wir hören uns noch mal wieder. Oder?

Christine Schön: So machen wir das. Bis dann!

Tobias Gross: Dann, werden wir noch mal ein bisschen mehr drauf eingehen, über den bewussten Umgang von Tönen und Klängen im Wohnbereich.

Christine Schön: Mein zweitliebstes Thema, wie schön.

Tobias Gross: Okay, cool. Dann, ich verabschiede mich mal und freue mich, dich wieder zu hören.

Christine Schön: Bis dann.

Tobias Gross: Christine tschau.

Mega oder? Da geht einem doch das Ohr und das Herz auf, wenn die Christine so einfach erzählt, warum das Hören so wichtig ist und warum Pflegekräfte so sensibel und bewusst damit umgehen sollen, was so an Akustik und Tönen so alles abgeht. Genau ich hoffe für dich waren einige gute Tipps dabei und ich freue mich, wenn wir uns nächste Woche wieder sehen und hören, bei Born to Pflege.

 

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